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Lynn Austin, Dorothee Dziewas (Beteiligte)

Fremde Heimat


Übersetzung: Dziewas, Dorothee
1. Auflage. 2014. 448 S. 205 mm
Verlag/Jahr: FRANCKE-BUCHHANDLUNG 2014
ISBN: 3-86827-423-5 (3868274235)
Neue ISBN: 978-3-86827-423-3 (9783868274233)

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Babylon ist Sacharjas ganze Welt. Doch als König Kyros dem jüdischen Volk die Rückkehr ins Land seiner Väter erlaubt, beginnt für den jungen Sacharja das Abenteuer seines Lebens. Zusammen mit seinen Großeltern und seiner Jugendfreundin Yael macht er sich auf den Weg nach Jerusalem. Fern von Babylons Schönheit und Reichtum müssen die jüdischen Heimkehrer ganz neu beginnen in einem unwirtlichen Land und unter Menschen, die sie nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Wird es ihnen gelingen, den Tempel wieder zu errichten und sich ein neues Leben aufzubauen?
Lynn Austin webt einen farbenprächtigen, filigranen biblischen Hintergrund, auf dem die Hauptpersonen so zur Geltung kommen, dass wir uns mit ihren Hoffnungen und Träumen, mit ihren Siegen und Niederlagen identifizieren können. Eine epische, ergreifende Erzählung von Kämpfen, Leid und Glück eines Volkes, das Gott dienen will.
1
Iddo erwachte keuchend aus seinem Traum. Der Albtraum hätte ihn beinahe verschlungen. Er hörte die besänftigende Stimme seiner Frau und fühlte, wie ihre Hand sich auf seine Brust legte, als wollte sie sein hämmerndes Herz beruhigen. Schhh Es war nur ein Traum, Iddo. Nur ein Traum
Aber es war kein Traum, oder jedenfalls nicht die Art Traum, wie andere Menschen sie hatten, wenn sie schliefen verwirrende Visionen, die bei Tageslicht keinen Sinn ergaben. In Iddos Träumen durchlebte er wieder die alten Erinnerungen, kraftvolle Szenen, so lebendig wie an dem Tag, an dem er sie als Kind mit angesehen hatte. Die Bilder und Geräusche und Schrecken hatten sich in seine Seele eingegraben wie die Spitze eines Griffels, die in weichen Lehm gedrückt wird. Der Ofen des Leidens hatte sie verhärtet, sodass sie nie mehr ausradiert werden konnten.
Er holte zitternd Luft und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, um die Tränen aus seinen Augen zu wischen. Es tut mir leid, Dina , flüsterte er. Es tut mir leid Geht es wieder? , fragte sie. Ich mache dir etwas Heißes zu trinken.
Er legte eine Hand auf ihren Arm, um sie zurückzuhalten. Nein, bleib liegen. Wir müssen doch nicht beide wach sein. Iddo erhob sich von ihrem gemeinsamen Lager und tastete im Dunkeln nach seinem Gewand. Er würde jetzt sowieso nicht mehr schlafen können.
Während des Tages konnte er die Bilder, die wie lauernde Schakale am Rand seines Bewusstseins kreisten, in Schach halten, indem er zum Himmel mit seinen Wolken hinaufsah oder darüber staunte, wie vollkommen der winzige Finger seines Enkels war. Aber nachts, wenn das Dunkel die Schönheit des Schöpfers verbarg, stürzten die Bilder und Geräusche auf Iddo ein, ohne dass er sie zum Schweigen bringen konnte. Wenn sie angriffen, nahmen sie ihm alles, was er erreicht hatte, und zerrten an dem Mann, der er jetzt war. Er wurde wieder zu dem zehnjährigen Jungen, der mit ansehen musste, wie Jerusalem in die Hände der Feinde fiel hilflos, starr vor Angst, nackt und zitternd. Siebenundvierzig Jahre waren verstrichen, seit er den echten Albtraum erlebt hatte, und diese Jahre hatte Iddo hier in Babylon verbracht. Er hatte eine Frau, Kinder, Enkel alle hier geboren. Doch die Gräueltaten, die er in Jerusalem gesehen hatte, waren noch genauso lebendig wie die Welt, in der er jeden Morgen aufwachte. Der Albtraum verblasste nie und wurde niemals unscharf.
Er wartete, bis sein Herzschlag sich beruhigte und sein Atem regelmäßiger ging, dann schlurfte er zur Tür. Er öffnete und schloss sie lautlos, damit er nicht die Bewohner seines Haushaltes aufweckte. Draußen in seinem dunklen Hof ließ er den Blick über die vertraute Silhouette der Lehmziegelhäuser in seinem Viertel und die stacheligen Dattelpalmen gleiten, die am Ufer des Kanals wuchsen. Er hob das Kinn, um zu beobachten, wie die Sterne hinter den phantasievollen Formen der Nachtwolken verschwanden und dann wieder auftauchten. Ich blicke zum Himmel und sehe, was deine Hände geschaffen haben , flüsterte er, den Mond und die Sterne allen hast du ihre Bahnen vorgezeichnet. Was ist da schon der Mensch, dass du an ihn denkst? Die Psalmen König Davids waren für ihn wie eine Waffe, die er benutzte, um die Schakale der Angst zu vertreiben.
Das Unheil, das Jerusalem zerstört hatte, war die Strafe des Allmächtigen. Alle Propheten hatten es gesagt. Gott wohnte nicht länger bei seinem Volk, weil es ihm untreu gewesen war. Sein Tempel war zerstört, sein Volk war in alle Himmelsrichtungen verstreut und lebte unter heidnischen Göttern. Iddos einzige Hoffnung, die einzige Hoffnung seiner Familie, lag darin, Gottes Gesetz zu studieren, sein Herz und seinen Verstand mit der Thora zu füllen und an jedem Tag seines Lebens jedes Wort davon zu befolgen. Wenn er den Gott seiner Väter mit aller Kraft suchte, würde der Heilige vielleicht gnädig sein und zu seinem Volk zurückkehren.
Iddo schauderte in der kühlen Herbstluft, während er darauf wartete, dass der n