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Maria Leitner, Helga Schwarz, Wilfried Schwarz (Beteiligte)

Elisabeth, ein Hitlermädchen


Ein Roman und Reportagen (1934-1939)
Herausgegeben von Schwarz, Helga; Schwarz, Wilfried
1. Aufl. 2014. 400 S. 21 cm
Verlag/Jahr: AVIVA 2014
ISBN: 3-932338-64-2 (3932338642)
Neue ISBN: 978-3-932338-64-9 (9783932338649)

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Auf einer Kundgebung am 1. Mai lernen sie sich kennen: die Berliner Schuhverkäuferin Elisabeth Weber und der SA-Mann Erwin Dobbien, die beide die Begeisterung für die nationalsozialistische Bewegung teilen. Ihre Liebe erhält einen ersten Riss, als Elisabeth schwanger wird und Erwin zur Abtreibung rät. Dann wird Elisabeth zusammen mit anderen jungen Frauen, darunter auch ihrer Kollegin Gilda, in ein Arbeitslager geschickt, um ihren Arbeitsplatz den "verdienten Frontsoldaten und Familienvätern" zu uberlassen und "zum Dienst am Vaterland im Geiste des Fuhrers" erzogen zu werden. Elisabeths Zweifel an der Partei werden dort immer stärker. Als Gilda Selbstmord begeht, initiiert sie einen Aufstand. - Leitner stützt sich in ihrem 1937 in der "Pariser Tageszeitung" erstmals erschienenen Roman wie auch in ihren Reportagen auf dokumentarisches Material, das sie während ihrer illegalen Recherchereisen in Deutschland gesammelt hatte. In ihren den Roman ergänzenden Reportagen und Erzählungen schreibt Leitner über die Giftküchen der IG Farben, über in Solingen geschmiedete Waffen, über Pastor Niemöller, die NS-Gemeinschaft "Kraft durch Freude" und über ihren Besuch des Heinrich-Heine-Zimmers in der Düsseldorfer Bibliothek.
Sie glich einer Schwimmerin. Mit hastigen Armbewegungen zerteilte sie die Menge, die wie aufspritzend zur Seite wich und eine schmale Rinne frei ließ. Sie schlüpfte durch sie hindurch, während schon im nächsten Augenblick die Menschenwoge wieder über ihr zusammenschlug.Diese Menge schien wie das Meer ganz ohne Grenzen. Zur Bewegungslosigkeit gebannt, hielt sie doch innerer Aufruhr in ständigem Auf und Ab.Das Mädchen erreichte eine kleine Erhöhung. Von hier gewann sie einen ganz neuen Blick. Jetzt sah es aus, als wäre auf diesem Feld die ganze Stadt, das Wesentlichste der ganzen Stadt zusammengepresst.Unzählige Tafeln schwebten über den Köpfen der Menge: "Belegschaft AEG", "Ullstein", "Brotfabrik Wittler", "Aschinger", "Siemens u. Schuckert", "Kaufhaus Wertheim", "Industriewerke Karlsruhe", "Haus Vaterland", "Tiefbau-Gesellschaft". Wie auf dem primitiven Theater beschworen sie stärker als Bilder, die nur den schwachen Abklatsch der Wirklichkeit geben, die Stätten, die sie nur mit einem Wort andeuteten: Maschinenhallen, Kessel, aufglühenden Stahl, Kanonen und Flugzeuge, Wege und Bagger, knetende Eisenfinger der Brotmaschinen, Hochhäuser und Schächte.In diesem unübersehbaren Tafelwald suchte das Mädchen ihren Platz. Könnte sie ihn doch endlich wiederfinden!
Maria Leitner wurde 1892 in Varazdin (Österreich-Ungarn) geboren und wuchs in Budapest auf. Sie studierte Kunstgeschichte in Wien und Berlin, engagierte sich für die Räterepublik, floh nach deren Sturz 1919 über Wien nach Berlin und ging als Reporterin im Auftrag des Ullstein-Verlages von 1925-1928 in die USA. Bis 1933 verfasste sie Artikel und Reportagen sowie den Roman "Mädchen mit drei Namen" für die "Welt am Abend". 1933 musste Maria Leitner als linke sozialkritische Autorin und Jüdin Deutschland verlassen. Im Exil schrieb sie den Roman "Elisabeth, ein Hitlermädchen" und setzte ihre journalistischen Arbeiten fort. Ihre Bestrebungen, ein Ausreisevisum zu erhalten, waren vergeblich. Sie verstarb 1942 in Marseille an den Folgen der jahrelangen Entbehrungen.