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Neuerscheinungen 2015

Stand: 2020-02-01
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Ernst Jünger

Strahlungen


1. Aufl. 2015. 641 S. 207 mm
Verlag/Jahr: KLETT-COTTA 2015
ISBN: 3-608-96305-7 (3608963057)
Neue ISBN: 978-3-608-96305-2 (9783608963052)

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Die Bände vier und fünf der "Sämtlichen Werke" enthalten mit "Siebzig verweht" die Tagebücher Jüngers aus den Jahren 1965 bis 1980, die wiederum mit der für ihn so charakteristischen Mischung aus Tagebuchnotaten, Briefen, Reflexionen und Kommentaren aufwarten. Dieser Band umfasst dabei die Jahre 1965 bis 1970.
Deutlich rücken in diesen Tagebüchern die zeitkritische Sicht Jüngers und das Verhältnis des Autors zu seinem eigenen Werk ins Zentrum der Reflexionen. Der Gegenwartskunst steht er skeptisch gegenüber - jedoch nimmt er vieles davon erst gar nicht zur Kenntnis.
Eingestreut sind zudem Berichte über die Arbeit an eigenen Werken, etwa den "Subtilen Jagden", "Drogen und Rausch" oder der "Zwille". Nicht nur als textgenetische Quelle interessant, sind die Tagebücher indes auch Ausdruck von Jüngers Selbststilisierung, die von der Kritik wiederum kontrovers bewertet wurde.
Siebzig verweht II

Wilflingen, 3. April 1971
Gesät: Spinat, Mangold, Weiße Rüben, Braun- und Rosenkohl, Zuckermais, Petersilie. In der stahlblauen Nieswurz leuchten die weißen Staubfäden.

Korfu, 30. April 1976
[...] Wir fuhren an einem Eiland vorüber, das Böcklin als Modell zur "Toteninsel" gedient haben soll. Das schien mir glaubwürdig, obwohl ich das gleiche im Golf von Neapel gehört habe. Immerhin ein Zeichen dafür, daß ein Typus getroffen worden ist.

Abends wieder Leuchtkäferjagd. Auch Kinder, die sich daraus ein Vergnügen machten, trugen dazu bei und brachten ihre Beute in Streichholzschachteln an.

Wilflingen, 28. Oktober 1979
Nachmittags in Saulgau, zu einer Ausstellung des _uvres von Otto Dix, dem ich leider nur ein Mal im Leben begegnet bin.
Gut gefiel mir ein Selbstbildnis von unerbittlicher Präzision, gut auch eine Szene mit Dämonen im Stil des Isenheimer Altars. Allerdings ergibt sich das Dilemma des Vergleiches in der Konfrontation. Diesen Einwand hat Horst Janssen in seinem genialischen Werk "Die Kopie" (1977) "nach" Goya, Watteau, Hokusai und ein paar Dutzend anderen nicht erst aufkommen lassen: "Den Laden, in dem ich geklaut habe, möchte ich genannt wissen." Ein erstaunliches Werk, Hellenismus der abendländischen Malerei - und das nebenbei.
Wie mögen unsere Maler, die den Zweiten Weltkrieg überlebten, wie Dix, Schlichter, Beckmann, Max Ernst nicht zu vergessen, der Zeit standhalten - einmal innerhalb der nationalen, dann im Vergleich zur französischen Kunst? Mancher vielleicht wie einer, dem ein Mal im Leben ein unvergeßliches Gedicht gelang. Freilich, wer malen kann, hat eine gewisse Konstanz in der Leistung; das beruht schon auf der erworbenen Technik (die den Dichter eher schädigt) oder, wie die Alten meinten, auf größerer Nähe zum Banausentum.