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Neuerscheinungen 2016

Stand: 2020-02-01
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Elizabeth Camden, Julian Müller (Beteiligte)

Ein Schritt ins Ungewisse


Übersetzung: Müller, Julian
2016. 304 S. 20.5 cm
Verlag/Jahr: FRANCKE-BUCHHANDLUNG 2016
ISBN: 3-86827-596-7 (3868275967)
Neue ISBN: 978-3-86827-596-4 (9783868275964)

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Washington 1891.
Kate Livingston ist begeistert, als ihr eine Stelle in der Forschungsabteilung eines renommierten Krankenhauses angeboten wird. Sie ahnt nicht, dass sich hinter dem weltberühmten Arzt Dr. T. M. Kendall, ihrem zukünftigen Chef, kein anderer verbirgt als ihr einstiger Widersacher Trevor McDonough. Ausgerechnet für den Mann, der ihr einst das ersehnte Collegestipendium wegschnappte und damit ihre einzige Chance zu studieren nahm, soll sie jetzt arbeiten?
Als Kate die Stelle wider besseres Wissen antritt, ahnt sie nicht, dass dieser Schritt ins Ungewisse ihr Leben komplett auf den Kopf stellen wird ...
Prolog

Washington D.C., 1879

Nur eins war für Kate Norton noch schöner, als zu gewinnen: wenn Trevor McDonough dabei den Kürzeren zog. Trevor war seit dem ersten Tag in der Schule ihr Erzfeind gewesen. Vier Jahre lang hatten sie beide nur Bestnoten bekommen und nun war zum ersten Mal in der Geschichte der Schule strittig, wer als bester Schüler die Abschlussrede halten sollte. Alles hing von den Ergebnissen des heutigen Tests ab - nicht nur die Rede, sondern auch das Stipendium für das College.
Über vierzig Schaulustige hatten sich ins Klassenzimmer gequetscht und machten es eng und stickig. Kates Korsett und Stehkragenbluse taten das Ihrige. Sie und Trevor standen vorn und lieferten sich ein Duell im Buchstabieren, das sich nun schon über vierzig Minuten hinzog. Das Publikum wartete nur darauf, dass einer sich verhaspelte. Kates Vater saß in der ersten Reihe, wischte sich den Schweiß von der Stirn und sah aus, als würde er jeden Augenblick ohnmächtig werden. Trevor lag vorn. Er hatte Biologie, Chemie und Physik gewonnen, während Kate in Rechnen und Geschichte besser gewesen war. Nun blieben nur noch Rechtschreibung und Trigonometrie und Kate musste beide Fächer gewinnen, um das Stipendium und damit ihren einzigen Weg zum College nicht zu verlieren. Alle Augen richteten sich auf Trevor, während der Schuldirektor das nächste Wort verlas.
"Mr McDonough, buchstabieren Sie bitte asketisch", forderte er ihn auf. "Askese, ein ´überaus hohes Maß an Selbstbeherrschung gepaart mit einem Mangel an Lebensfreude´."
Wie passend.
Trevor McDonough war der größte Asket auf Erden. Kate warf ihm einen Blick zu. Wie er schon dastand - groß, schlaksig, verkniffenes Gesicht, die dicke schwarze Strähne über der Stirn, die seine mürrischen dunklen Augen verdeckte.
Kates sechsjähriger Bruder klammerte sich in der ersten Reihe ans Bein ihres Vaters. "Keine Angst, du Klette", flüsterte sie ihm zu. Eigentlich hieß er Timothy, aber die Vorliebe, mit der er sich an andere Menschen klammerte, hatte ihm den Spitznamen eingebracht.
Trevor schluckte und bat um eine Wiederholung des Wortes. Kate hatte einen natürlichen Vorteil, wenn es ums Buchstabieren ging. Als Trevor damals in die Schule gekommen war, hatte ihm sein starker schottischer Akzent bei der Rechtschreibung öfter einen Streich gespielt. Aber er lernte schnell. Er beobachtete genau, wie die anderen sprachen, und trainierte sich seinen Akzent nach und nach völlig ab. Kate hielt die Luft an, als Trevor ansetzte.
Er machte einen Fehler. Adrenalin schoss durch Kates Adern. Wenn sie jetzt asketisch richtig buchstabierte, hatte sie diesen Test gewonnen. Die Spannung im Raum wuchs. Vierzig Leute standen auf ihrer Seite des Klassenzimmers: ihre Familie, ihre Freundinnen aus der Schule und ein paar Gäste aus dem Logierhaus. Sogar der Briefausträger und der Milchmann waren gekommen, um sie zu unterstützen.
Auf Trevors Seite stand nur eine einzige Person: der Kutscher, der ihn jeden Tag zur Schule brachte. In seinem dunkelblauen Mantelrock mit goldenen Paspeln und in den glänzenden schwarzen Stiefeln war er der am besten gekleidete Mann im Raum.
Trevor lebte wie die Made im Speck. Er wohnte in einer großen Villa und hatte einfach alles. Kate wusste zwar nicht, was mit seinen Eltern war, aber sein Vormund war ein reicher Senator aus Maryland. Trevor bekam sein Abendessen bestimmt auf einem Silbertablett präsentiert, während sie für dreißig Gäste im Logierhaus das Essen heranschleppen musste.
"Miss Norton, asketisch."
Sie schloss die Augen. Bitte ...
Dann buchstabierte sie das Wort ohne Fehler. Die Menge jubelte, als sie zur Gewinnerin dieses Tests erklärt wurde. Ihr Vater sprang auf und umarmte sie ungestüm. Der Hausmeister der Schule schmunzelte und klopfte ihr auf die Schulter. Kate blinzelte eine Träne fort und versuchte, ruhig zu atmen.