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Neuerscheinungen 2016

Stand: 2020-02-01
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Helena Buhl

Fremdsprachenlernen bei Kindern. Unterschiede zwischen monolingual und bilingual erzogenen Kindern


2016. 68 S. 220 mm
Verlag/Jahr: DIPLOMICA 2016
ISBN: 3-9593493-1-9 (3959349319)
Neue ISBN: 978-3-9593493-1-4 (9783959349314)

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Das Phänomen der Mehrsprachigkeit tritt zunehmend immer häufiger auf, auch in Deutschland. Es ist bereits üblich, dass Englisch in der Grundschule unterrichtet wird und optional im weiteren Schulverlauf Französisch oder Spanisch hinzukommen. So gesehen können auch deutsche Staatsbürger, die vorab ausschließlich die deutsche Sprache beherrschen, im Verlauf ihrer Schulkarriere mehrsprachig werden. Ihnen gegenüber stehen Schüler mit Migrationshintergrund, die mehr als nur eine Sprache beherrschen - bereits vor Schulbesuch. Hat diese Bilingualität einen Einfluss auf das Erlernen neuer Sprachen? Im vorliegenden Buch wird eine Beantwortung dieser Frage unternommen, wobei das Fremdsprachenlernen von bilingualen mit monolingualen Kindern vergleichen wird. Auf Basis von begrifflichen Definitionen und der autobiografischen Sprachbiografie wird angenommen, dass Unterschiede tatsächlich existieren, wozu eine Reihe von sprachlichen Fähigkeiten dargestellt und untersucht wird.
Textprobe:
Kapitel: 3.2.3 Forschungsstand:
Die Erwerbsforschung zur Erstsprache ist sehr weit fortgeschritten. Gegensätzlich dazu "steckt die Erforschung des Zweitspracherwerbs noch in den Kinderschuhen" (Krafft 2014, S. 11). Eines der größten Hindernisse für die Zweitspracherwerbsforschung war oder ist die Annahme, dass Bilingualität negative Auswirkungen auf den Sprecher haben kann (vgl. Krafft 2014, S. 11). Desweiteren ist "die Größe der Vielfalt bilingualer Lebensumstände" (Krafft 2014, S. 11) ein weiterer Faktor, der die Zweitspracherwerbsforschung nur sehr stockend voran schreiten lässt. "Die zahlreichen Variablen [...] erschweren die Interpretation der Leistungen von L2-Sprecher/inne/n erheblich" (ebd.). Nach Krafft konzentriert sich die Forschung des Zweitspracherwerbs auf folgende sprachliche Ebenen:
a) Der phonetisch-phonologische Erwerb.
b) Der Erwerb semantischer und lexikalischer Fähigkeiten.
c) Der Erwerb pragmatischer und diskursiver Fähigkeiten.
d) Der Erwerb morphosyntaktischer Fähigkeiten.
(vgl. Krafft 2014, S. 11 ff.).
Krafft betont, dass sich aus den in seinem Werk geschilderten Befunden schließen lässt, "dass zumindest hinsichtlich der basalen syntaktischen Eigenschaften des Deutschen der frühe L2-Erwerb in seinen Grundzügen dem L1-Erwerb entspricht" (Krafft 2014, S. 15). Demzufolge können die Hypothesen des frühen Zweitspracherwerbs, die von ihm in seinem Werk angeführt werden, denen des doppelten Erstspracherwerbs gleichgesetzt werden (vgl. Krafft 2014, S. 15).
3.2.4 Formen des individuellen Bilingualismus:
Nachfolgend werden vier verschiedene Formen des individuellen Bilingualismus voneinander abgegrenzt, die sich hauptsächlich durch den Zeitpunkt des Erwerbs abgrenzen lassen.
3.2.4.1 Simultaner und sukzessiver Bilingualismus:
Bei der Unterscheidung zwischen simultanem und sukzessivem Bilingualismus steht das Lebensalter des Individuums im Mittelpunkt. Von simultanem Bilingualismus spricht man, wenn ein Kind von Geburt an mit zwei Sprachen aufwächst, also beide Sprachen zum gleichen Zeitpunkt parallel erworben werden (vgl. Müller et al. 2007, S.15) Folglich besitzt das Kind deswegen zwei Erstsprachen. Darum kann der simultane Bilingualismus auch als doppelter Erstspracherwerb beschrieben werden (vgl. De Houwer 1990, S. 3). Dieser Begriff wird in der Forschungsliteratur bevorzugt verwendet und ist weitaus häufiger vertreten als der Begriff des simultanen Erstspracherwerbs, da er laut De Houwer klarer ist und weniger Missverständnisse mit sich bringt.
"Vom simultanen Erwerb mehrerer Muttersprachen ist die sukzessive Form des Erwerbs mehrerer Sprachen abzugrenzen" (Müller et al. 2007, S. 15). Der sukzessive Spracherwerb findet zeitlich versetzt zum Erstspracherwerb statt. Die Frage des Alters ist wie bereits oben angedeutet ein wesentlicher Bestandteil bei der Abgrenzung des simultanen und sukzessiven Bilingualismus. An dieser Stelle soll
jedoch nur ein kurz gehaltener, allgemeiner Überblick über diesen Aspekt geschaffen werden. In Abschnitt 4.1 der vorliegenden Arbeit wird der Altersfaktor ausführlicher erläutert und diskutiert.Die große Mehrheit der führenden Forscher auf dem Gebiet der Mehrsprachigkeitsforschung geht davon aus, dass ein sukzessiver Spracherwerb nach einem Alter von drei Jahren stattfindet. In diesem Fall spricht man von kindlichem, sukzessivem Spracherwerb (vgl. Müller et al. 2007, S.15 ff.). Als Beispiel zur Verdeutlichung kann hier ein Kind genannt werden, das mit französisch als Muttersprache aufwächst. Im Alter von drei Jahren erwirbt es durch den Besuch einer deutschen Kindertagesstätte sukzessiv die deutsche Sprache und entwickelt sich dadurch im Laufe des Lebens zu einem bilingualen Sprecher der Sprachen französisch und deutsch.