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Neuerscheinungen 2017

Stand: 2020-02-01
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Moritz Reininghaus, Rudolf Schottlaender, Irene Selle (Beteiligte)

Deutschsein fünfmal anders


Erinnerungen eines Unangepassten
Herausgegeben von Selle, Irene; Reininghaus, Moritz
2017. 200 S. m. 10 Abb. 20,5 cm
Verlag/Jahr: VERLAG FÜR BERLIN-BRANDENBURG 2017
ISBN: 3-945256-39-9 (3945256399)
Neue ISBN: 978-3-945256-39-8 (9783945256398)

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Generationen von DDR-Schülern hatten mit ihm zu tun, als im Deutschunterricht Sophokles "Antigone" in seiner brillanten Neuübersetzung behandelt wurde: Rudolf Schottlaender (1900-1988). Heute ist der Philosoph, Altphilologe, Übersetzer und Publizist weithin unbekannt - zu Unrecht, wie seine Erinnerungen zeigen: Sie erweisen sich als Kaleidoskop der deutschen Geistesgeschichte im "Zeitalter der Extreme" (Hobsbawm), in dem Schottlaender eine vermittelnde Position einnahm, mit der er in Ost und West gleichermaßen aneckte.
1921 aus der jüdischen Gemeinde ausgetreten, studierte Schottlaender Philosophie in Heidelberg (bei Jaspers) und in Freiburg im Breisgau (bei Husserl, Heidegger und Hartmann), er hatte Kontakt zum George-Kreis, lernte Günther Stern (später: Günther Anders) kennen und heiratete dessen Schwester. Nach der Promotion in Heidelberg trat er als erster deutscher Proust-Übersetzer in Erscheinung. Nur mit Glück überstand er die NS-Zeit. Nach 1945 unterrichtete er Latein und Griechisch in Berlin. 1947 auf einen Lehrstuhl für Philosophie in Dresden berufen, wurde er bereits zwei Jahre später wieder entlassen, da er sich öffentlich kritisch über die SED-Herrschaft geäußert hatte. Er kehrte nach West-Berlin zurück, wo er erneut als Lehrer tätig war. Aus Sorge vor einer Verschärfung des Kalten Krieges versuchte er einen Brückenschlag zur DDR, wurde als "Kommunistenfreund" diffamiert und aus dem Schuldienst entlassen. Das bewog ihn, 1959 einem Ruf als Professor für römische Literatur an die Humboldt-Universität nach Ost-Berlin zu folgen.
Die Erinnerungen von Rudolf Schottlaender werden in unserer Neuausgabe erweitert: um eine Studie zur Kindespersönlichkeit bei Hemingway, Thomas Mann, Proust und Sartre, einen Essay zum Antisemitismus bei Luther, Marx und Wagner und ein ARD-Interview aus dem Jahr 1979, das Schottlaenders Resistenz gegenüber politischer Vereinnahmung zeigt und das dazu führte, dass er bis zu seinem Tod 1988 permanent von der Staatssicherheit überwacht wurde.
Dr. Irene Selle, 1947 geboren, ist Literaturwissenschaftlerin. Nach dem Französisch-, Russisch- und Spanischstudium arbeitete sie von 1974 bis 1991 als Romanistin an der Akademie der Wissenschaften der DDR. Von 1992 bis 2012 war sie Konferenzdolmetscherin und Übersetzerin beim Fernsehsender ARTE in Straßburg. Daneben Lehrtätigkeit an der Technischen Universität Berlin und der Université Marc Bloch. Seit 2012 ist sie freiberuflich tätig. Sie lebt in Berlin. Moritz Reininghaus, 1978 geboren, ist Historiker und Literaturwissenschaftler. Er war Mitarbeiter am Moses Mendelssohn Zentrum Potsdam und Redakteur der Jüdischen Zeitung. Seit 2013 ist er als freier Mitarbeiter für das Kulturradio des rbb und für den Tagesspiegel tätig. Bei VBB hat er Franz Hessels "Spazieren in Berlin2 (2011, 3. Aufl., 2013) und (mit Gundel Mattenklott) Georg Hermanns "Spaziergang in Potsdam" (2013) herausgegeben. Er lebt in Berlin.