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Stand: 2020-02-01
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Barbara Comyns, Claudia Wenner (Beteiligte)

Die Tochter


Roman
Übersetzung: Wenner, Claudia
1. Auflage. 2019. 208 S. 200 mm
Verlag/Jahr: MARIXVERLAG 2019
ISBN: 3-7374-1112-3 (3737411123)
Neue ISBN: 978-3-7374-1112-7 (9783737411127)

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Alice Rowland ist 17 Jahre alt und lebt in einem trostlosen und bedrückenden Londoner Vorort. In ihren eigenen lebendig-naiven Worten erzählt sie ihre bestürzende Geschichte. Ihr Vater ist ein tyrannischer Tierarzt, der seiner Familie gegenüber brutal, kalt und voll Abscheu ist. Alice sehnt sich nach Abenteuer und Romantik, doch ihr Leben ist einsam und erdrückend. Mit dem Tod ihrer Mutter ist sie endgültig der Willkür ihres Vaters ausgeliefert: Er holt eine derbe Frau ins Haus, die versucht, Alice mit allen Mitteln loszuwerden. Als Alice sich immer tiefer in eine Traumwelt zurückzieht, entdeckt sie eine außergewöhnliche, geheime Fähigkeit an sich ... Erschütternd und unvergesslich, wie eine unerwartete Mischung aus Charles Dickens, Flannery O´Connor und Edgar Allan Poe. Eine rasante Geschichte von empörender Unschuld, die nachwirkt.
"Geschildert aus der Sicht eines jungen Mädchens, hat es die Lebendigkeit, Unschuld und Intensität der Erzählweise eines Pip oder eines jungen David Copperfield. Ein wundervoller und origineller Roman." Alan Hollinghurst ## "Das seltsame, ungewöhnliche Talent von Miss Comyns und der unschuldige Blick, mit dem in kindlicher Einfachheit die fantastischsten oder verhängnisvollsten Vorkommnisse beobachtet werden, sind, denke ich, nie zuvor eindrücklicher erprobt worden." Graham Greene
Ein Mann mit kleinen Augen und rötlich gelbem Schnauzbart sprach mich an, als ich gerade in Gedanken war. Gemeinsam gingen wir eine Straße entlang, die von Ligusterhecken gesäumt war. Seine Frau gehöre der Plymouth Brüderbewegung an, sagte er, und ich erwiderte, das tue mir leid, weil mir schien, dass er das von mir hören wollte und weil ich sah, dass er eine arme, zerrüttete Kreatur war. Wäre er ein Pferd gewesen, hätte er höchstwahrscheinlich Knieschützer getragen. Wir kamen an eine große rote Eisenbahnbrücke, die wie ein hoher Regenbogen über die Straße führte. Ganz in der Nähe befand sich das Haus des Tierarztes, vor dem eine Straßenlaterne stand. Ich sagte: "Entschuldigen Sie vielmals", und ließ den armen Mann zwischen den Ligusterhecken zurück. Ich ging ins Haus. Es war mein Zuhause und es roch nach Tieren, obwohl es einen Linoleumboden hatte. In der braunen Diele stand meine Mutter; sie blickte mich mit ihren traurigen Augen an, über denen sich die schweren Lider fast schlossen, sagte aber nichts. Sie stand nur da. Sie hatte kleine Knochen und hängende Schultern; auch waren ihre Zähne nicht gerade; wäre sie ein Hund gewesen, dann hätte mein Vater sie eingeschläfert. Ich sagte: "Mutter, es riecht nach Kohl. Dann gibt es wohl bald Mittagessen."Sie wirkte verängstigt und hastete in die Küche, die kleinen Hände wie Kätzchenpfoten erhoben. Ich ging ins Esszimmer und wollte eigentlich den Tisch decken, doch Mutter war mir zuvorgekommen; das Silber glänzte zwar, aber das Tischtuch hatte braune Soßenflecken, die sich auch mit Salzfässchen nicht verdecken ließen. Auf dem Tisch standen bunte Pickles in Gläsern, und das Wasser im Glaskrug sah schal aus; doch für meinen Vater gab es Bier.

Wir saßen zu dritt um den Tisch und aßen kaltes Fleisch. Es war Montag. Niemand sprach ein Wort und unsere Messer und Gabeln klangen recht laut. Mutter ließ einen Löffel mit Kartoffelbrei fallen und kicherte dann kurz und ganz leise. Vater biss in seinen Schnauzbart. [...] Nach dem Mittagessen half ich Mutter in der Küche. Durchs Fenster sah ich die Sonne auf die Häuser scheinen und fragte Mutter deshalb, ob ich mit meiner Freundin Lucy im Park spazieren gehen dürfe. Wie so oft sagte sie, ich solle Vater fragen. Also ging ich in die Praxis. Die Tür wurde von einem Pferdehuf offen gehalten, der nicht mit einem Pferd verbunden war, und ich äugte durch den Türspalt: Vater nähte einem Pekinesen gerade das Auge zu.