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Neuerscheinungen 2019

Stand: 2020-02-01
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Detert Zylmann

Einmal Hamburg - Mainz und zurück. Auf den Spuren meiner Vergangenheit


2019. 112 S. 220 mm
Verlag/Jahr: DIPLOMICA 2019
ISBN: 3-9614671-1-0 (3961467110)
Neue ISBN: 978-3-9614671-1-2 (9783961467112)

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Es ist die Geschichte meines Lebens und zugleich die Geschichte meiner Familie, verknüpft mit zeitgeschichtlichen Aspekten. Über das persönliche Erleben hinaus sind die Aufzeichnungen ein Spiegelbild sich wandelnder Zeiten und damit Dokumente von allgemeiner Bedeutung. Auch wenn in der Rückschau das Erlebte einzuordnen nur ein Versuch bleibt und lediglich Augenblicke beschrieben werden, so waren es doch politisch spannende Nachkriegsjahre, in die ich hineinwuchs und die mich prägten. Viele machten keinen Hehl aus ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit. Die Nazis waren allgegenwärtig und der braune Geist war noch Jahre später in unseren Klassenräumen zu spüren. Das Wissen um diese Zeit möchte ich gern weitergeben.
Textprobe:
Bundeswehr und Studium:
Bereits im September 1963 war ich gemustert worden. Damals galt die allgemeine Wehrpflicht für Männer vom vollendeten 18. Lebensjahr an. Sie bestand seit 1956 und war bis 2011 allgemein verpflichtend. Ich war auf Tauglichkeitsgrad zwei gemustert, wie es im Amtsdeutsch hieß, also nicht geeignet beispielsweise für Kampfschwimmer, Panzer- und Flugzeugführer. Aber auch die anderen Truppenteile konnten mich nicht begeistern. Ich hatte absolut kein Interesse daran, mein Vaterland mit der Waffe zu verteidigen. Das gesetzlich geschützte Recht auf Wehrdienstverweigerung stand bei mir, im Gegensatz zu meinem Bruder, irgendwie nicht zur Diskussion. Ich wollte bei Sylvia bleiben, die inzwischen nach Hamburg in unsere Nähe gezogen war, um hier ihre Ausbildung als Fremdsprachenkorrespondentin zu beginnen.
Trotz des ärztlichen Gutachtens eines Orthopäden, der mir "Knick- und Spreizfüße" attestierte und einer Empfehlung der Hamburger Gesundheitsbehörde, aus der hervorging, dass ich "TBC familiär vorbelastet sei" und "es sich deshalb empfehlen dürfte, besondere körperliche Strapazen während des Wehrdienstes zu vermeiden", bekam ich 1970 den Einberufungsbescheid, dass ich als Reservist "im Spannungs- oder Verteidigungsfall zum zeitlich unbegrenzten Wehrdienst einberufen werde", als ein sog. "mob - eingeplanter Reservist" (MOB= Mobilmachung). Weiter hieß es dort: "Für den Verteidigungsfall sind Sie der Einberufungsgruppe III zugeteilt. Diese Einberufungsgruppe wird voraussichtlich erst einige Zeit nach Verkündung des Verteidigungsfalles durch die Bundesregierung über Presse, Rundfunk oder Plakatanschlag öffentlich aufgerufen. Sie werden aufgefordert, sich nach ergangenem Aufruf zu dem bekanntgegebenen Zeitpunkt in Itzehoe-Nord, Kr. Steinburg, Freiherr von Fritsch-Kaserne zum unbefristeten Wehrdienst gemäß
4 Abs.1 Nr. 3 des Wehrpflichtgesetzes (WPflG) zum Diensteintritt zu stellen." Zwei Jahre später wurde der "Einberufungsbescheid für den Verteidigungsfall" aufgehoben. Wollte man mich nicht wegen der Knickfüße oder gab es zu viele Wehrpflichtige meines Jahrgangs? Ich werde es nie erfahren. Eigentlich ist es mir auch egal.
Nach dem Abitur hatte ich den Wunsch, in die Fußstapfen meiner Eltern zu treten, also Medizin zu studieren. Es kam alles ganz anders. Als Medizinstudent konnte man "gemäß Wehrpflichtgesetz in Verbindung mit der Musterungsverordnung" vom Wehrdienst zurückgestellt werden, musste jedoch für jedes Semester eine Studienbescheinigung beibringen.
Leider hatte ich nicht die entsprechenden Zeugnisnoten, um sofort mit dem Medizinstudium beginnen zu können. Um die Zeit bis zur Zulassung zu überbrücken, zog ich das Studium der naturwissenschaftlichen Fächer Botanik, Physik, Zoologie und Chemie vor. Heute wie damals musste man einen Notendurchschnitt im Abitur von 1,0 haben, um sich sofort dem Studium der Medizin widmen zu können. Im Oktober 1965, nach etwa einem halben Jahr Wartezeit, bekam ich dann die Zulassung zum Medizinstudium und durfte ziemlich bald die faszinierende Welt des menschlichen Körpers im Präparierkurs entdecken. Leider waren die naturwissenschaftlichen Fächer nicht gerade mein Renner. Mit Chemie konnte ich mich noch anfreunden; die anderen Fächer waren lernmäßig der blanke Horror. Und so kam es wie es kommen musste: mit Pauken und Trompeten fiel ich auch beim zweiten Mal durch die naturwissenschaftliche Vorprüfung. Damals gehörte noch zum Studienablauf der Humanmedizin das Vorphysikum. Es gab nichts zu beschönigen. Noch kurz zuvor hatte man mir im Zeugnis über die Teilnahme am Krankenpflegedienst bescheinigt, dass ich "eine gute Veranlagung für den ärztlichen Beruf" hätte. Doch es hatte nicht seien sollen. Ich glaube, ich war bis dato unfähig, systematisch zu arbeiten. Und gerade als Einzelkämpfer, der ich einer war, hatte ich beim Studium dieser Fächer keine Chance. Für mich war es die Begegnung der dritten Art, als ich meine